Benes Woche – Newsletter vom 9. Juni 2016

Der Sommer naht – und damit das Ende der parlamentarischen Arbeit der 17. Legislaturperiode. Der Senat versucht noch im Endspurt zu erledigen, was er fünf Jahre lang nicht angepackt hat. Da werden jetzt im Tagestakt dicke Wälzer mit Gesetzesinitiativen verschickt, die alle im Eiltempo durchs Parlament gehen sollen. Da unterlaufen dann schon mal gravierende Fehler – etwa, wenn bei der Besoldungsanpassung ausgerechnet für die niedrigeren Besoldungsstufen die vereinbarte Erhöhung des Tarifvertrages nicht übernommen wird. Da konnten wir zum Glück nachbessern (dazu unten mehr). Vielleicht wünscht sich der Senat jetzt heimlich doch, dass er unserem Vorschlag für eine weitere Sitzung im Juli gefolgt wäre… Es ist viel los – Danke für Euer Interesse und vielleicht bis zum 17. Juni in Steglitz. Weitere Themen nun in meinem Newsletter:

1. Plenum: Stadt des Sports, Fahrradstadt Berlin, Landeskonzept „Dekolonisierung“

Kurz vor knapp versucht sich die rot-schwarze Koalition in Bilanzbeschönigung. Nach der Wirtschafts- und Familienpolitik nehmen sich SPD und CDU nun den Sport in der Aktuellen Stunde vor – natürlich wird auch hier nur von Erfolgen die Rede sein. Was tatsächlich erreicht und umgesetzt wurde, stimmt dagegen eher traurig. Die als Flüchtlingsnotunterkunft beschlagnahmten Sporthallen werden so chaotisch freigezogen und renoviert, wie sie belegt wurden. Das „Bäderkonzeptchen“ hat uns vor allem teurere Eintrittspreise und unzuverlässige Öffnungszeiten beschert. Und erinnert sich noch jemand an die gescheiterte Bewerbung des Senats für eine Olympiabewerbung? Was genau der Sportsenator Henkel also für den Berliner Sport getan hat, bleibt rätselhaft.

Wir hätten die aktuelle Stunde lieber zu einem wirklich aktuellen Thema genutzt: Rund 150.000 Berlinerinnen und Berliner demonstrierten bei der Fahrradsternfahrt am Wochenende trotz strömendem Regen für bessere Bedingungen im Radverkehr. Und auch der Volksentscheid Fahrrad ist eine direkte Reaktion auf die verfehlte Senatspolitik der vergangenen Jahre. Wenige Monate vor der Wahl hat der Senat eine Fahrradgesellschaft angekündigt, die bisher durch nichts untersetzt ist. Diese leeren Ankündigungen zeigen wieder einmal, dass Rot-Schwarz nicht versteht, was die Menschen in unserer Stadt wirklich umtreibt. Es kann nicht angehen, dass der Senat nur noch aktiv wird, wenn die Bevölkerung zum letzten Mittel – dem Volksentscheid – greift. Der Vorschlag des Senats ist blanker Aktionismus.

Beraten werden wir zudem unseren Antrag für eine „Landeskonzept Dekolonisierung“. Wir wollen, dass der Senat zusammen mit den vielen Akteuren der Zivilgesellschaft ein Konzept für eine umfassende und kritische Auseinandersetzung mit der Rolle Berlins im Kolonialismus und mit den noch heute vorhandenen Spuren erarbeitet. Hamburg hat hier als erste Stadt in Deutschland vorgemacht, wie eine solche Aufgabe umgesetzt werden kann.

Zur Priorität haben wir einen neuen, gemeinsamen Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen – aber unter meiner Federführung – für einen unabhängigen Polizeibeauftragen gemacht. Dazu berichte ich ausführlicher weiter unten in diesem Newsletter.

Weitere Themen der Plenarsitzung findet Ihr wie immer auf der Seite der Abgeordnetenhausfraktion.

2. Thema: EinE unabhängigeR PolizeibeauftragteR für Berlin

Berlins Polizei erlebt bei ihrer täglichen Arbeit mitunter Konflikte, die die Einsatzkräfte in der Regel verantwortungsvoll und rechtmäßig meistern. Dennoch gibt es Situationen, in denen bestimmte Maßnahmen fraglich sind. Wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Kritik vertrauensvoll äußern können und fordern gemeinsam mit Linken und Piraten „eine/n unabhängigen Polizeibeauftragte/n für Berlin“. Aber auch Polizistinnen und Polizisten sollen dieser externen Anlaufstelle Missstände innerhalb der Behörde melden können. Ich habe bereits von den gravierenden Gesundheitsgefahren bei den Schießständen der Berliner Polizei berichtet. Ich weiß, dass Beamtinnen bzw. Beamte, die frühzeitig – in den Jahren 2009-2011- darauf aufmerksam machten, „strafversetzt“ wurden. Hier hätte eine externe, unabhängige Stelle vielleicht schon früher helfen können. Auch heute wäre ein Polizeibeauftragter bei der Aufklärung des Skandals hilfreich.

International sind derartige Beauftragter erprobter Standard. In Deutschland ging Rheinland-Pfalz vor zwei Jahren voran. Die ersten Ergebnisse sind sehr ermutigend. Es ist an der Zeit, auch für Berlin eine Institution zu schaffen, die Transparenz über polizeiliche Arbeit herstellen kann und in Streitfällen vermittelt. Das stärkt das Vertrauen in die Institution Polizei.

3. Thema: Und sie bewegt sich doch – Gerechtere Besoldung für Berlin

Im Hauptausschuss ist bisher Undenkbares geschehen: SPD und CDU haben einen Antrag der GRÜNEN übernommen, mit dem die Besoldung nicht nur um 3%, sondern auch um einen Mindestbetrag (Sockel) von 75€ erhöht wird. Damit wird die Besoldung sozial gerechter. Wir Grünen begrüßen, dass die Koalition auf den letzten Metern unserem Vorschlag gefolgt ist. Gerade die Beamtinnen und Beamten, die tagtäglich ihren Kopf hinhalten, sei es bei Feuerwehr, Polizei, im Gerichtssaal, auf dem Finanz- oder im Bezirksamt, haben diese Erhöhung verdient. Noch im Innenausschuss am Montag hatten die Koalitionsfraktionen dies abgelehnt. Ohne uns hätte es diesen Sockel nicht gegeben. Aber der Erfolg hat natürlich stets viele Eltern.

Sowohl der Tarifvertrag (TV-L), als auch die Besoldungserhöhungen in fast allen anderen Bundesländern, enthalten ähnlich hohe Sockelbeträge. So sollen gerade Beschäftigte mit geringeren Einkommen etwas mehr Geld bekommen. Ohne diesen Sockel wären ca. 10.000 Beamt*innen (A4 bis A10, 2.Stufe) im Land Berlin weiter von den bundesweiten Lohnerhöhungen im Öffentlichen Dienst abgehängt worden. Denn erst ab einer Besoldung von 2.500 € ergibt eine Erhöhung von 3% den Betrag von 75€. Lange (eine Plenarsitzung, ein Innenausschuss, viele Einzelgespräche und Öffentlichkeitsarbeit) hat es gedauert, bis ich die SPD und die CDU von dem vorgenannten Dreisatz überzeugen konnte und eingestanden wurde, dass ihre Parole “Berlin holt auf” nicht für die genannten Kolleginnen und Kollegen gilt.

Mit dem Beschluss des Hauptausschusses werden die niedrigeren Besoldungsgruppen nun zum Teil deutlich besser gestellt. Statt einer Erhöhung von rund 55€ etwa in der Besoldungsgruppe A7 werden nun monatlich 75€ erhöht – immerhin ein Plus von rund 240€ im Jahr. Morgen muss das Abgeordnetenhaus der Besoldungserhöhung zustimmen. GRÜNE und LINKE beantrage außerdem eine Erhöhung von 3,5% statt 3%, um schneller an den Besoldungsdurchschnitt der Bundesländer zu kommen und so den Rahmen für einen wettbewerbsfähigen, Öffentlichen Dienst zu schaffen. Denn ein schnellerer Anpassungspfad ist nicht nur eine Gerechtigkeitsfrage. Vielmehr hängt auch die Attraktivi
tät des Öffentlichen Dienstes in Berlin daran, wie glaubwürdig das einstmals gemachte Versprechen, die Besoldung schnell anzupassen, umgesetzt wird. Hier bleibt für die kommenden Jahre viel zu tun. Wir wollen in Zukunft jedes Jahr die Besoldung um 1% mehr erhöhen, als im Tarifvertrag der Länder. So erreichen wir den Länderschnitt voraussichtlich bis zum Jahr 2022 statt 2029, wie es der Senatsvorschlag erwarten lässt.

4. Thema: Neues Rettungsdienstgesetz für Berlin

Ein Beispiel für Aktionismus kurz vor Toresschluss ist der vorgelegte Entwurf eines neuen Rettungsdienstgesetzes. Im Eilverfahren soll die 180-Seiten-Schwarte nun das Parlament gewunken werden. Der vorgelegte Entwurf ist ein Sammelsurium von ganz unterschiedlichen Vorschlägen. Manche sind sinnvoll, manche Wolkenschlösser, manche Vorschläge sind aber regelrecht gefährlich. Alle Vorschläge müssen vor dem Hintergrund gesehen werden, dass die Einsatzzahlen in Berlin massiv steigen – und dabei der Rettungsdienst leider immer langsamer wird. Allein in den letzten fünf Jahren stieg die durchschnittliche Wartezeit von 8,6 auf 9,6 Minuten an. Das Ziel von 8 Minuten, dass auch medizinisch notwendig ist, wird immer seltener erreicht.

Besonders der jetzt spontan vorgeschlagene „Notfalltransport“ stellt mehr Fragen als er löst. Dieser bundesweit einmalige Fall soll für Hilfebedürftige gelten, deren Gesundheit und Leben zwar „noch nicht“ gefährdet ist, dies aber werden kann, wenn nicht innerhalb „kurzer Zeit“ medizinische Hilfe geleistet wird. In einer Vorabversion war davon die Rede, dass unter dieser „kurzen Zeit“ 20 Minuten verstanden wird. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier auf Kosten der Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner getrickst werden soll. Das legt auch nahe, dass die Notfallrettung mit Notfallsanitätern, der Nottransport „nur“ von Rettungsassistenten durchgeführt werden soll. Ist dies bereits das Eingeständnis, dass wir nicht genügend Notfallsanitäter haben werden? Grundsätzlich kann man über eine größere Binnendifferenzierung zwischen Notfallrettung und Krankentransport nachdenken. Die jetzt vorgeschlagene Regelung ist aber ein Schnellschuß, der mehr Fragen aufwirft als er beantwortet: Welche Kriterien sollen bei der Unterscheidung zwischen Notfallrettung und Notfalltransport gelten? Ab welcher kritischen Zeit kriegt man die bessere Behandlung, wann die langsamere? Als Beispiele nennen Sie in der Begründung „Herzinfarkte und Atemstörungen“ für Notfallrettung, den „unklaren Bauch“ aber als Notfalltransport. Wie soll der Notfalltransport abgerechnet werden? Die Krankenkassen könnten das so nicht finanzieren, da stehen bundesgesetzliche Regelungen vor.

Auch an anderen Stellen bringt das Gesetz Verschlechterungen. Gerade bei der Finanzierung des Rettungsdienst zieht der Senat aus den ständigen Rechtsstreitereien mit den Krankenkassen genau die falschen Schlüsse. Statt sich mal umzuschauen, wie das in den anderen Bundesländern gelöst wird, herrscht beim Senat immer mehr „Wagenburgmentalität“. Da soll der Rettungsbeirat, in dem alle wichtigen Organisationen vertreten sind, nicht mal mehr jährlich tagen müssen. In der ursprünglichen Fassung sollte nicht mal „angestrebt“ werden, eine Zustimmung der Kassen zu erreichen. Das wurde jetzt zum Glück nicht weiter verfolgt – auch wenn es natürlich eigentlich ein seltener Moment der politischen Ehrlichkeit gewesen wäre. Denn genau so verfährt der Senat seit Jahren mit der Folge, dass wir am 30. Juni vermutlich ein Urteil erhalten, dass möglicherweise den Steuerzahler viele Millionen Euro kosten wird.

Andere Ideen sind nicht falsch – aber auch nicht neu. Eine integrierte Leitstelle wird seit Jahren von uns und übrigens auch vom Rechnungshof gefordert. Wichtige Vernetzungen mit den Krankenhäusern, der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankentransportern werden vom Senat verschleppt. Der Telemediziner, wie er in anderen Städten schon existiert soll jetzt ermöglicht werden. Das ist gut, bringt aber nur mittel- bis langfristig Verbesserungen.

Kurzum: Das Rettungsdienstgesetz wird an der akuten Misere nichts ändern. Mittelfristig können aus einigen Ideen gute Ansätze werden. Da kommt es aber auf die tatsächliche Ausstattung der Feuerwehr und der Hilfsorganisationen an. Wir Grüne hatten bei den Haushaltsberatungen deutliche Mehrinvestitionen – gegenfinanziert! – angemeldet. Der Senat sah keinen Bedarf.

In der übernächsten Woche wird nun die zweite Lesung des Gesetzes im Innenausschuss stattfinden. Wir werden Änderungsanträge stellen – insbesondere zum Notfalltransport und zur grundsätzlichen Ausrichtung der Finanzierung des Rettungsdienstes. Stay tuned!

5. Thema: Randale in Mitte

Das letzte Mai-Wochenende war leider kein friedliches. Durch die „Alte-Jakob-Straße“ in Berlin-Mitte sind Randalierer und Brandstifter gezogen und haben Autos und Geschäfte schwer beschädigt. Eine unfassbare Gewaltorgie. Leider nicht zum ersten Mal. Seit Anfang des Jahres ist eine Radikalisierung der linksextremen Szene zu beobachten. Innensenator Henkel fehlt es an einer schlüssigen Strategie. Außer höchst fragwürdigen Symbolaktionen wie in der Rigaer Straße hat er nichts anzubieten. 2011 im Wahlkampf war Berlin schon einmal mit einer solchen Welle von Gewalt konfrontiert. Damals hat Frank Henkel viel versprochen. Erreicht hat er nichts.

6. ErstwählerInnentour – It is your choice!

Bei den Wahlen am 18. September dürfen auch 16jährige wieder abstimmen und zumindest die Zusammensetzung der BVVen in den Bezirken mitbestimmen. Das Abgeordnetenhaus organisiert nun eine Tour durch viele Schulen Berlins, um junge Wählerinnen und Wähler für Politik zu interessieren. Wie das gehen soll, dazu habe ich auch im Inforadio Rede und Antwort gestanden. Ein Bericht der ersten Veranstaltung ist bereits erschienen: Ihr findet ihn hier. Die nächsten Wochen heißt es also: früh aufstehen und diskutieren. Ich freue mich darauf, denn gerade junge Wählerinnen und Wähler sind sehr interessiert, gerade auch an den Grundsatzfragen unseres Zusammenlebens. Das ist manchmal auch ganz schön herausfordernd, wenn manche liebgewonnenen Routinen mal ganz grundlegend in Frage gestellt werden.

7. Blitzlichter: Innere Sicherheit am Kotti/RAW, Abschiebungen, Dieselemissionen bei der Feuerwehr, Personalsituation bei Polizei und Feuerwehr

Erneut zeigt sich, dass der massive Polizeieinsatz am Görli wenig positive, aber deutlich negative Effekte hat. Eine Anfrage meiner Kollegin Burkert-Eulitz und mir bringt neue Zahlen ans Licht.

Der Innensenator beklagt, dass „Flüchtlingshelfer“ daran Schuld seien, dass er nicht mehr Menschen abschieben könne. Klarer Fall von Ablenkungsmanöver – die Solidarität der BerlinerInnen mit Flüchtlingen ist vorbildhaft. Die Probleme liegen woanders, vor allem in den Herkunftsländern.

Dicke Luft bei der Feuerwehr – a
nders als andere Städte schützt Berlin seine Rettungshelfer nur unzureichend vor gesundheitsgefährdenden Dieselmotoremissionen.

Innensenator Henkel rühmt sich, mehr Stellen bei Polizei und Feuerwehr geschaffen zu haben. Auf dem Papier mag das stimmen – in der Realität kommen sie aber nicht an.

8. Aus dem Wahlkreis: Wahlkampfauftakt am 17.6

Am kommenden Freitag, um 17 Uhr, lade ich zum Wahlkampfauftakt in die Schildhornstr. 91. Gemeinsam mit den grünen Mitgliedern aus Steglitz – aber gern auch mit Menschen, die meine fachliche Arbeit unterstützen wollen! – will ich in einen Sommerwahlkampf starten, in dem ich viel im Wahlkreis unterwegs sein werde. Ich habe mir dafür ein Lastenfahrrad gegönnt, mit dem ich kreuz und quer durch Steglitz radeln werde. Ich würde mich dabei natürlich über Begleitung freuen!

Am 17. Juni selbst will ich mit Euch über Themen und Anliegen reden – und dafür werde ich einen Grill aufstellen und auch das ein oder andere Kaltgetränk da haben. (Und im Anschluss suchen wir uns eine Kneipe um die Ecke, um gemeinsam Fussball-EM zu schauen!) Es sollte also nett werden. Kommt vorbei!

Euer Bene

Verwandte Artikel