Benes Woche – Newsletter vom 8. Oktober 2015

Freiheit statt Angst. Das ist das bewährte Motto der jährlichen Bürgerrechtsdemonstration. Dieses Jahr fand zum ersten Mal in Potsdam eine Demonstration statt, bei der ich reden und auf die Gefahren der Vorratsdatenspeicherung hinweisen durfte. Freiheit bedeutet eben auch, ohne Überwachung und Pauschalverdacht leben zu können. Wir müssen die Selbstbestimmung über unsere Daten und damit unser Leben behalten. Hier der heutige Newsletter aus dem Abgeordnetenhaus:

1. Plenum: Flüchtlinge, Obdachlosigkeit, BER

Angesichts der vielen Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Not fliehen, zeigt Berlin einen großen Willen zur Solidarität. Bis heute hat der rot-schwarze Senat die vielerorts chaotischen Zustände bei der Versorgung und Unterbringung nicht im Griff. Statt gemeinsam nach pragmatischen Lösungen zu suchen, zerstreiten SPD und CDU sich vollends und pendeln zwischen Ohnmacht und tiefgehenden Asylverschärfungen. In der Aktuellen Stunde unter dem Titel „Abschottung, Ausgrenzung und Abschiebung statt Willkommenskultur – mit Heilmann, Henkel und Czaja Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik?“ haben die Redner der CDU Ängsten und Überforderung das Wort geredet und damit das politische Versagen zum System erklärt. Mehr Merkel und weniger CDU wäre schön.

Mit der kalten Jahreszeit rücken wir das Thema Wohnungslosigkeit in den Fokus und machen unseren Antrag„Obdachlose schützen: Im Rahmen der Kältehilfe mehr Notschlafplätze schaffen und die Wohnungslosenhilfe ausbauen“ zu unserer grünen Priorität. Schon 2014 hat der Senat akzeptiert, dass es zu wenig Notunterkünfte gibt: Einrichtungen waren mehr als doppelt belegt, viele Menschen – darunter Familien mit Kindern und Frauen – bekamen kein Obdach. Von den einst vom Senat versprochenen 600 Plätzen stehen nur rund 540 zur Verfügung. Diesen Winter benötigen noch mehr Menschen Hilfe, da auch Geflüchtete die Notschlafplätze aufsuchen werden. Wir fordern den Senat etwa auf, schnellstmöglich mindestens 1000 Plätze für ein flächendeckendes Angebot in Berlin bereitzuhalten.

Nicht mal als Notunterkunft ist der BER geeignet. Jeden Tag erreichen uns neue Hiobsbotschaften von Deutschlands peinlichster Baustelle. Nicht nur die Entrauchungsanlage funktioniert nicht, auch Statik und Brandschutz wurden sträflich missachtet. Der Senat muss erklären, wie es um das Projekt bestellt ist und welche Mängel noch zu erwarten sind. Dazu stellen wir den dringlichen Antrag „BER: Mängel beheben statt Luftschlösser bauen“.

Weitere Themen und Informationen findet Ihr wie immer auf der Seite der Abgeordnetenhausfraktion.

2. Innenausschuss: 27 Millionen für die Feuerwehr und den Rettungsdienst

Elf Stunden dauerte die Debatte zum Haushalt für die Bereiche Polizei, Feuerwehr und LaBo am Montag im Innenausschuss. Es ist der Ort, an dem traditionell fast alle Themen der Berliner Innenpolitik angesprochen werden – und an dem die Opposition ihre Alternativen zum Senatskurs vorlegt.

Als Grüne – und das dürfte für regelmäßige LeserInnen meines Newsletters keine Überraschung sein – haben wir insbesondere die Situation beim Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr kritisiert. Wir haben beantragt, über die nächsten zwei Jahre insgesamt 27 Millionen Euro zusätzlich in die Feuerwehr zu investieren. Der Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr fährt am Anschlag. Die Rettungszeiten von eigentlich 8 Minuten werden seit Jahren weit überschritten, zuletzt lagen sie im Schnitt bei 9,4 Minuten. Der Hauptgrund: zu wenig Personal und zu wenig Rettungswagen. Mehrausgaben sind dringend nötig: Wir wollen 200 zusätzliche Stellen bis 2017, zehn Millionen Euro für neue Fahrzeuge, um die Überalterung zu stoppen, und sechs Millionen Euro für neue Wachen.

Insgesamt wollen wir so 27 Millionen Euro über zwei Jahre bereitstellen – diese können im Haushalt auch ohne neue Schulden gegenfinanziert werden. Wesentlicher Anteil haben dabei realistische Annahmen bei den Gebühren und Einsparungen bei teuren Prestigeprojekten des Senats. Insbesondere das geplante Telefonkommunikations-Überwachungszentrum mit den anderen ostdeutschen Bundesländern ist kontraproduktiv. Allein hier lassen sich knapp vier Millionen Euro einsparen.

Zudem beantragen wir Grünen eine Verschiebung des geplanten Neubaus der kooperativen Leitstelle von Polizei und Feuerwehr. Die Planungsunterlagen für das Mammutprojekt mit Gesamtkosten von knapp 100 Millionen Euro bis 2023 sind dürftig. Außerdem fehlen wesentliche Optimierungsprojekte wie eine gemeinsame Krankentransportleitstelle und die Vernetzung mit den Krankenhäusern in den Projektplanungen. Eine echte Verbesserung für die Rettungsdienste lässt sich so nicht machen. Der Senat muss nachbessern, damit das Projekt dann endlich 2018 begonnen werden kann.

3. Thema: Weiterhin steigende Kriminalität

Bereits im letzten Jahr ist die Kriminalität – insbesondere die Diebstahlskriminalität – dramatisch gestiegen. Leider ist der Trend ungebrochen. Auch im ersten Halbjahr kennen die Zahlen nur eine Richtung: nach oben. Um 2,3% stieg die Kriminalität an. Insgesamt ist die Zahl der Delikte seit Amtsantritt von Innensenator Henkel um 14% – oder mehr als 70.000 Taten! – angestiegen. Die Aufklärungsquote sank auf 44% – rechnet man die Kontrolldelikte wie Schwarzfahren heraus, werden gerade noch beschämende 35% der Fälle aufgeklärt. Angesichts dieser Zahlen lässt sich feststellen: Nach vier Jahren Innensenator Henkel ist klar: Die Trendwende bei der Kriminalitätsbekämpfung ist nicht gelungen.

4. Thema: Polizeireform – Ausdünnung im Osten Berlins?

Aktuell beschäftigt die Polizei und die Innenpolitiker auch ein umfangreiches Reformpaket des Polizeipräsidenten. Bereits mehrfach habe ich davon berichtet, dass Gewerkschaften und PolizistInnen aus den Abschnitten eine Ausdünnung der Polizeiarbeit in der Fläche der Stadt befürchten. Die sogenannte Projektgruppe EES („Einsatzeinheiten und Stäbe“) hat eine deutliche Zentralisierung vieler wichtiger Abteilungen vorgeschlagen. Unter anderem sollen die Verkehrsdienste, die Hundeführer und vieles mehr an einem Ort unter direkter Verantwortung des Polizeipräsidenten konzentriert werden. Kernstück ist aber die Schaffung einer dritten Bereitschaftspolizeiabteilung – dafür werden die jetzigen Einheitshundertschaften der Direktionen zusammengelegt. Damit schwindet die Möglichkeit der Direktionen direkt und schnell auf Lagen in ihren Einsatzgebieten zu reagieren. Dazu kommt, dass die neue BPA in Lankwitz stationiert werden soll. Das hat nun die östlichen Direktionen auf den Pla
n gerufen: In der Cecilienstraße sei ein fertigsanierter Standort, der bestens geeignet sei. Der Wegzug von bis zu 800 PolizistInnen sei kontraproduktiv – und für die Betroffenen mit großen Einschränkungen verbunden. Gerade auch als Steglitzer Abgeordneter sage ich: Die Polizei in dieser Weise aus dem Osten abzuziehen, ist nicht zu verantworten. CDU-Henkel übersieht einen großen Teil der Stadt.

5. Thema: Wie weit dürfen verdeckte Ermittler gehen?

Verdeckte Ermittler gibt es nicht nur beim Verfassungsschutz, sondern auch bei der Polizei. Sie sollen das Vertrauen der zu Beobachtenden gewinnen – man kennt das aus dem sonntäglichen Tatort. Allerdings gibt es Erkenntnisse, dass manche dabei deutlich zu weit gehen. Sie gehen hochpersönliche Beziehungen ein – auch sexueller Natur. Der Spiegel hat ausführlich recherchiert. Gerade im linken Milieu haben sich mehrere Ermittler zu weit in die Privatsphäre vorgewagt. Ich meine, ein Kernbereich der privaten Lebensführung muss geschützt bleiben! Wenn Ermittler behaupten „Ich habe heut Nacht von Dir geträumt“ und intime Beziehungen eingehen, dann werden Grenzen überschritten. Dies erinnert an vergangene Zeiten in Deutschland. Die Berichte des Spiegels erinnern auch an den Fall des britischen Ermittlers „Mark Kennedy“, der in den 70iger Jahren die linke Berliner Umweltszene unterwandert hat. In Großbritannien werden die Fälle verdeckter Ermittler von einer unabhängigen Kommission untersucht. Ich habe mich in einem Schreiben dafür eingesetzt, dass auch der Fall Kennedy dort untersucht wird. Und auch für Berlin werde ich nachhaken.

6. Thema: Rockerkriminalität – hat Senator Heilmann das Parlament falsch informiert?

Im Mai 2012 ist eine Razzia in der Rockerszene geplatzt. Offenbar wurden die Mafiosi rechtzeitig informiert. Schnell hatte die Polizeiführung einen Schuldigen an der Hand – ein Polizeibeamter wurde auch dem Rechtsausschuss als Quelle für das Leck präsentiert. Wörtlich: „Das rechtswidrige Verhalten ist offensichtlich.“ Nun hat das Oberverwaltungsgericht dem Senator bescheinigt, dass die Indizien nicht ausreichten; eine Verurteilung ist unwahrscheinlich. Dramatisch ist insbesondere, dass nach nunmehr drei Jahren die wirkliche Quelle wahrscheinlich nicht mehr zu identifizieren ist. Ein Schlussstrich ist in dieser Affäre noch nicht in Sicht.

7. Antrag Modellprojekt Cannabisabgabe – Veranstaltungsbericht und -einladung

Die Debatte um den richtigen Umgang mit weichen Drogen hat in dieser Woche eine neue Wendung erhalten. Der Antrag des Bezirksamt Kreuzberg auf die Durchführung eines Modellversuches zur kontrollierten Abgabe von Cannabis ist abgelehnt worden. Das ist eine hasenfüssige Entscheidung, die noch dazu offensichtlich politisch motiviert ist (untersteht das zuständige Amt doch direkt der Bundesregierung). Damit wurde eine große Chance vertan, gerade im Hinblick auf besseren Jugend- und Verbraucherschutz und die Prävention, aber auch im Kampf gegen die Begleitkriminalität. Innensenator Henkel muss jetzt seine Alternative präsentieren. Die „Null-Toleranz“-Politik hat jedenfalls Null-Wirkung.

Als Grüne bleiben wir aber auf Kurs. Am vergangenen Mittwoch hatte ich Gelegenheit mit mehreren FachexpertInnen darüber zu diskutieren, wie denn die Umsetzung einer kontrollierten Abgabe unter Realbedingungen, also im Alltag, funktionieren kann. „Vom Feld in die Tüte“ – unter staatlicher Regulierung und Aufsicht. Gemeinsam mit Apothekern, Hanfbauern und Fachexperten aus Verbänden und Politik kamen wir zum Ergebnis – die komplette Kette von Produktion, Transport und Handel kann und muss kontrolliert werden.

Ich will die Gelegenheit nutzen, Euch auf die dritte Veranstaltung der Reihe zum Cannabiskontrollgesetz hinzuweisen: Am Donnerstag, den 15.10, wollen wir gemeinsam mit Monika Herrmann, der grünen Bezirksbürgermeisterin aus Kreuzberg, diskutieren, wie es nach dem abgelehnten Antrag in Kreuzberg weitergehen kann. Ab 19 Uhr findet die Veranstaltung im Berliner Abgeordnetenhaus statt. Der Eintritt ist frei und alle Interessierten sind herzlich eingeladen

8. Aus dem Wahlkreis: Nachbarschaftstreffen Steglitz

Auch im Bezirk standen die Haushaltsberatungen an. Auf dem Nachbarschaftstreffen haben wir über die Investitionsplanungen des Bezirkes für Steglitz gesprochen. Besonders gefreut haben wir uns, dass der Neubau der Sporthalle an der Grundschule am Stadtpark Steglitz und die Erweiterung der Kopernikus-Oberschule deutlich beschleunigt wurde. Hier wird ein Großteil der Mittel – 16 Millionen Euro der insgesamt bis 2019 knapp 20 Millionen zur Verfügung stehenden Mittel! – verbaut. An diesen Zahlen erkennt man aber auch: der Spielraum des Bezirkes ist gering, zu gering. Der Senat muss die Bezirke mit mehr Investitionsmitteln ausstatten. Es ist nicht zu vermitteln, dass die bezirkliche Infrastruktur immer weiter in Rückstand gerät.

Euer Bene

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