SICHERHEIT ERHALTEN – DAMIT BERLIN STADT DER FREIHEIT BLEIBT

Dieses Diskussionspapier habe ich am 17. August 2016 gemeinsam mit Ramona Pop vorgestellt. Als PDF findet Ihr das Papier hier

Berlin ist weltoffen, frei und mit Blick auf andere Großstädte eine sichere Stadt – und so soll es bleiben. Gerade in Zeiten, in denen terroristische Attentate und Gewalttaten unsere offenen Gesellschaften herausfordern, gilt es den Rechtsstaat und die Freiheit jedes Einzelnen zu schützen. Die Sicherheitsarchitektur, das Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern, die Gefahrenabwehr und Strafverfolgungsgesetze haben sich etabliert und sind weitestgehend ausreichend.

Wir GRÜNE werden auf Gefährdungen der inneren Sicherheit nicht mit Symbolpolitik reagieren, die das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft infrage stellt und immer stärker Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger einschränkt. Wir wollen anders als die CDU-Innenminister nicht ablenken von den Mängeln bei der Aufstellung unserer Sicherheitskräfte, die einen jahrzehntelangen Reform- und Investitionsstau zu bewältigen haben.

KRIMINALITÄT BEKÄMPFEN – POLIZEI GUT AUSSTATTEN,
MODERN UND BÜRGERNAH AUFSTELLEN

Wir setzen auf Prävention, gute Polizeiarbeit und gezielte Strafverfolgung, die rechtsstaatlicher Kontrolle unterliegt und bürgernah agiert. Dafür ist es notwendig, unsere Berliner Polizei gut und modern auszustatten. Zur Kriminalitätsprävention und zur Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls brauchen wir mehr Präsenz und mehr Polizeibeamt*innen.

Wir wollen deshalb mindestens 500 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten für die Arbeit vor Ort einsetzen, um mehr sichtbare Präsenz und Prävention zu ermöglichen. Wir wollen mehr Fuß- und Fahrradstreifen und die Wiedereinführung von Kontaktbereichsbeamt*innen. Damit wollen wir die Trendumkehr schaffen. Denn Berlin ist unter Innensenator Henkel unsicherer geworden.

Wir haben die höchste Kriminalitätsrate seit 2002 und eine historisch niedrige Aufklärungsquote. Zwar nehmen Gewaltdelikte seit Jahren ab, aber etwa die Zahl der Eigentumsdelikte steigt rasant. Einbrüche oder Taschendiebstähle betreffen sehr viele Berlinerinnen und Berliner; die wenigen Konsequenzen, die den Tätern drohen, lassen das Sicherheitsgefühl der Berliner Bevölkerung tagtäglich sinken. Dies ist eine unmittelbare Folge der verfehlten Politik von Innensenator Henkel. Die Berliner Polizei wurde stark zentralisiert, die örtlichen Direktionen entmachtet. Heute gibt es in den sechs Direktionen der Berliner Polizei deutlich weniger Einsatzkräfte als noch vor fünf Jahren.

Zugleich müssen wir die spezialisierten Kräfte der Polizei stärken: Die Spezialeinsatzkräfte (SEK und MEK) für die Terrorismusbekämpfung, das Berliner Landeskriminalamt (LKA) für die Organisierte Kriminalität und Wirtschaftskriminalität. Es fehlt weiterhin an ausreichenden Ermittler*innen, gerade gegen Straftaten, die im Internet vorbereitet werden. Wir müssen das Geldwäschegesetz endlich angemessen umsetzen und die Strafverfolgung, aber auch die Prävention deutlich stärken.

Außerdem wollen wir dem Hass und der Volksverhetzung in den sozialen Medien und im Netz stärker begegnen. Gute Polizeiarbeit braucht für all das moderne Büro-, Informations- und Kommunikationstechnik, wie auch kriminalpolizeiliche moderne Technik zur Tatermittlung, Identifizierung und Beweissicherung. Dafür wollen wir die notwendigen Mittel und das Personal – auch durch den Quereinstieg – bereitstellen.

SICHER BEWEGEN – ANGSTRÄUME VERHINDERN

Wir werden keine Angsträume in unserer Stadt zulassen. Zwar ist die Zahl der Gewaltdelikte im öffentlichen Raum gesunken, deren Intensität aber gestiegen. Gerade in Verbindung mit Alkohol sinkt die Hemmschwelle. Wir wollen deswegen die Prävention und Polizeipräsenz an Brennpunkten gezielt verstärkt werden. Wir setzen dafür auf flexible und mobile Einheiten der Polizei, statt auf symbolische Großeinsätze, die viel kosten und wenig Sicherheit bringen. Mobile Wachen können gerade in Touristen- und Ausgehvierteln wie an der Warschauer Straße oder am Breitscheidplatz Abhilfe schaffen. Wir setzen uns am Alexanderplatz für einen Modellversuch einer kombinierten Wache aus Bundespolizei, Landespolizei und Ordnungsamt ein. Wir wollen auch prüfen, ob nach dem Vorbild anderer Städte dezentrale, kleine Polizeiwachen an Bahnhöfen zur Anzeigenaufnahme und zur Stärkung der Präsenz möglich sind.

Wir wollen die Zahl der BVG-eigenen Sicherheitskräfte wieder erhöhen und mehr gemeinsame Streifen von BVG und Polizei durchführen. Deren Zahl ist in den letzten Jahren wieder gesunken. Videoüberwachung kann im öffentlichen Nahverkehr zu einer Erhöhung des Sicherheitsgefühls und einer effektiveren Strafverfolgung beitragen. Wir wollen die erfolgte Ausweitung der Speicherfristen ergebnisoffen evaluieren. Der Schwerpunkt muss aber bei einem schnellen Eintreffen der Sicherheitskräfte liegen. Wir wollen außerdem die städtebauliche Kriminalprävention verbessern und die Stellen dafür im LKA verdoppeln. Wir setzen auf bessere Beleuchtung und Einsehbarkeit sowie Notrufmöglichkeiten. Dies gilt auch für viele Berliner Bahnhöfe.

MEHR PRÄVENTION – SCHNELLERE JUSTIZ

Neben der polizeilichen Arbeit setzen wir auf zivile Präventionsarbeit, etwa der aufsuchenden sozialen Arbeit oder Anwohner*innen-Initiativen. Die Polizei ist in den Quartieren, an zahlreichen Runden Tischen und gegenüber den Jugend- und Sozialämtern ein wichtiger Partner in Sicherheitsfragen geworden; diesen Ansatz wollen wir ausbauen. Opfer von Straftaten wollen wir besser schützen.

Gewaltschutzambulanzen und anonyme Spurensicherungen werden wir deutlich besser ausstatten, den Täter-Opfer-Ausgleich, soweit er geeignet ist, stärken. Die Zusammenarbeit mit der Opferhilfe Berlin und dem Weißen Ring werden wir verbessern und die psychosoziale Arbeit mit Opfern ausweiten. Vor allem gegen sexuelle Übergriffe wollen wir Projekte wie „Kein-Täter-Werden“ und die Anti-Stalking-Beratungen stärken. Entscheidend ist auch, dass die Justiz geeignete, ausermittelte Straftaten schneller verfolgen kann und so die Strafe auf dem Fuße folgt.

TERROR UND AMOK MIT KÜHLEM KOPF BEKÄMPFEN –
GRUNDAUSSTATTUNG DER POLIZEI SICHERN

Für die Bewältigung von größeren Terrorlagen wie in Madrid 2004, Paris 2015 oder Brüssel 2016 reichen die deutschen Rechtsgrundlagen aus, die Grundausstattung der deutschen Polizei muss aber verbessert werden. Berlin ist – wie jede weltoffene Stadt – verwundbar, denn hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Entscheidend für die Bekämpfung des Terrors ist insbesondere, dass unsere Spezialeinsatzkräfte wie das Berliner SEK und die bundesdeutsche GSG9 schneller alarmiert werden und schneller an den Tatorten eintreffen. Die Bundespolizei braucht zügig neue Hubschrauber, das Berliner SEK muss verstärkt werden.

Die Zusammenarbeit im Verbund der norddeutschen Länder ist zu intensivieren, Terror- und größere Amoklagen müssen vor allem mit der Bereitschaftspolizei, der Feuerwehr, Rettungsdiensten und Katastrophenschutz ausreichend geprobt werden, damit bei Alarmierung, Eintreffen, Bewältigung und Nachsorge keine unnötige Zeit verstreicht. Verletzte müssen so schnell wie möglich versorgt und eine mögliche Panik in der Bevölkerung durch professionelle Kommunikation vermieden werden. Es kann nicht sein, dass der Innensenator bis heute noch immer keinen entsprechenden und in der Behörde bekannten Plan aufgestellt hat, wie im Fall einer Terrorlage gearbeitet werden muss.

Einen Beitrag gegen Amokläufe und Terrorismus kann ein schärferes Waffenrecht leisten. Momentan werden Waffenbesitzende in Berlin rechnerisch nur alle 50 Jahre kontrolliert. Wir wollen die unangekündigten Kontrollen zur Lagerung von Waffen und Munition deutlich erhöhen und sicherstellen, dass jede/r Waffenbesitzer*in innerhalb von drei Jahren mindestens einmal kontroll
iert wird. Finanziert werden soll dies durch eine Kontrollgebühr nach Bremer Vorbild. Außerdem wollen wir eine Initiative mit dem Ziel starten, dass Waffen und Munition zukünftig getrennt aufbewahrt werden müssen. Wir setzen uns für eine Offensive gegen die Beschaffung illegaler Waffen, auch im so genannten Darknet, ein. Hierfür müssen geschulte und verdeckte Ermittler im Netz die illegalen Anbieter absuchen. Außerdem könnte eine erneute Amnestie für illegale Waffen, bei der diese Waffen anonym abgegeben werden können, einen zusätzlichen Beitrag leisten.

Gefahren für die Terrorbekämpfung, aber auch für die Polizeiarbeit insgesamt, sind vom Innensenator hausgemacht. Sie wurden kleingeredet, jedoch bislang nicht beseitigt: So funktionieren essentielle Grundlagen wie der Digitalfunk, das Schießtraining und die Eigensicherung der Polizei nicht. Trotz mehrfacher Warnungen wurde das Problem nicht gelöst. Die Gesundheit der Polizist*innen, aber auch der Berliner*innen wird so unnötig gefährdet. Eine unverzügliche Bereitstellung dieser polizeilichen Grundausstattung hat für uns Priorität.

Der polizeiliche Schusswaffengebrauch ist in Berlin immer noch nicht rechtssicher geregelt. Während 13 von 16 Bundesländern mittlerweile den sogenannten finalen Rettungsschuss in ihren Ländergesetzen geregelt haben, haben CDU und SPD sich an dieses Problem nicht herangetraut. Die Folge ist, dass Polizisten in extremen Ausnahmesituationen ein an sich überkommenes Gesetz anwenden müssen. Wir GRÜNE wollen unter Beteiligung der Polizeipraxis, der Ausbildung und Wissenschaft das Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwangs (UZwG) überarbeiten und den Waffengebrauch der Polizei auf eine rechtssichere Basis stellen.

Als Hauptstadt steht Berlin besonders im Fokus. Berlin leistet gerade im Bereich der Inneren Sicherheit viel für den Bund, ohne dafür eine angemessene Gegenleistung zu erhalten. Die Kosten für Einsätze zum Schutz von Einrichtungen, von Demonstrationen oder Staatsbesuchen betragen rund 120 Millionen Euro im Jahr. Der Bund übernimmt bisher nur knapp die Hälfte der Kosten. Innensenator Henkel hat es versäumt, trotz guter Rahmenbedingungen einen neuen, besseren Vertrag für Berlin auszuhandeln. Dies muss schnellstmöglich nachgeholt werden. Es gilt, dass der Bund alle hauptstadtbedingten Kosten übernimmt und bei der Terrorismusbekämpfung die besondere Lage der Hauptstadt berücksichtigt.

ENTSCHLOSSEN UND KLUG GEGEN POLITISCHE UND RELIGIÖSE GEWALT

Rückkehrer aus Kriegsgebieten, die dort für den IS oder andere Terrororganisationen gekämpft haben oder ausgebildet wurden, stehen zu Recht im Fokus der Sicherheitsbehörden. Wir setzen hier auf eine konsequente Aufklärung und strafrechtliche Ahndung im Ausland begangener Straftaten. Eine bessere internationale Zusammenarbeit der Polizeibehörden ist dafür unerlässlich. Solche Straftaten sind mit Priorität und unter Ausschöpfung der rechtsstaatlich zulässigen Strafverfolgungsmaßnahmen aufzuklären und abzuurteilen. Verurteilte Straftäter dürfen in den Gefängnissen aber nicht sich selbst überlassen werden. Hier ist es von besonderer Bedeutung, mit Deradikalisierungsprogrammen gerade in den Gefängnissen zu arbeiten. Wir wollen die Mittel für das Deradikalisierungsprogramm verdoppeln und endlich die ersten arabischsprachigen Mitarbeiter im Strafvollzug einstellen.

Die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten hat sich innerhalb von fünf Jahren verdoppelt. Brandanschläge auf Flüchtlingswohnheime haben in diesem Sommer auch Berlin erreicht. Die Sicherheitsbehörden bestätigen auch, dass sich rechtsextreme Strömungen intensiver vernetzen und organisieren. Hier bedarf es eines konsequenten Vorgehens von Polizei und Justiz gegen rechte Extremisten und Straftäter. Wir setzen auf eine starke Zivilgesellschaft, die gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit vorgeht und für mehr Toleranz wirbt. Wir wollen solche zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützen und mit der von uns vorgesehenen Aufstockung der Haushaltsmittel von einer Million Euro pro Jahr für das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus dauerhaft finanziell fördern.

Auch linke Gewalt bedroht den sozialen Frieden in Berlin. Zwar ist hier die Zahl der Taten in den letzten Jahren konstant geblieben, allerdings gibt es eine neue, beängstigende Qualität. Immer wieder wurde aus linksextremistischen Kreisen zu Gewalttaten gegen Menschen aufgerufen, gut geheißen und verübt, die schwere Verletzungen und sogar Todesfälle in Kauf genommen haben. Gegen diese Täter muss der Rechtsstaat mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln vorgehen. Berlin hat in den vergangenen Jahrzehnten gute Erfahrungen damit gemacht, neben der konsequenten Durchsetzung und Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien auf eine Strategie der Deeskalation zu setzen. Zu diesem Kurs wollen wir zurückkehren, statt ohne Sinn und Verstand auf Konfrontation zu setzen, rechtsstaatliche Regeln zu missachten und Stimmungsmache und Gewalt somit unnötig anzuheizen.

DIE TRENDWENDE SCHAFFEN: GUTE ARBEITSBEDINGUNGEN FÜR DIE BERLINER POLIZEI

Gewalttätigkeiten – aber auch verbale Entgleisungen – gegenüber Verwaltungsmitarbeiter*innen, Polizist*innen und sogar Rettungs- und Feuerwehrkräften haben in den letzten Jahren ein besorgniserregendes Niveau erreicht haben. Die Geschädigten wollen wir mit Hilfe der bestehenden Opferschutzprogramme unterstützen, die wir weiter ausbauen wollen. Bei zivilrechtlichen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen, die den Angehörigen des öffentlichen Dienstes bei ihrem Einsatz bzw. während ihrer Arbeit entstehen, halten wir eine Vorleistungspflicht des Landes Berlins für richtig. Die Strafen müssen nicht erhöht, die bestehenden Gesetze müssen gerade durch das Land Berlin konsequent angewandt werden.

Der Innensenator führt das Wort „meine Polizei“ im Munde. Die CDU tut so, als wäre sie die einzige Partei, die sich für bessere Bedingungen bei der Polizei einsetzt. In der konkreten Politik hat die CDU so gut wie nichts für die Berliner Polizei erreicht. Es ist definitiv zu wenig, mit markigen Worten Ankündigungspolitik zu betreiben, aber die Polizei mit ihren Sorgen alleinzulassen. Egal, ob bei Großeinsätzen, der polizeilichen Infrastruktur, der Ausbildung und der Besoldung: Berlins Polizei hat eine bessere politische Führung verdient.

Bei der Besoldung waren es wir GRÜNE, die erfolgreich dafür gesorgt haben, dass die mittleren Besoldungsstufen, also der Großteil von Polizei und Feuerwehr auch eine Erhöhung bekommt, die über dem Durchschnitt der Länder liegt. Wir haben uns für eine Stärkung der Eigensicherung eingesetzt und unter anderem mehr Mittel für individualisierte Schutzwesten und besseren Splitterschutz bei Polizeiwagen eingefordert. Auch bei der Ausbildung von Polizist*innen muss die Eigensicherung stärker in den Fokus rücken.

Nicht zuletzt stehen wir einem Modellversuch für die Einführung von Bodycams offen gegenüber, deren Einsatz – neben der Dokumentation des Einsatzgeschehens und der verbesserten Kommunikation mit der Bürgerschaft – auch einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit leisten kann.

Einen wichtigen Beitrag für mehr Bürgernähe erwarten wir auch von einer/m unabhängige/n Polizeibeauftragten. Durch die Einrichtung dieser Stelle soll das Vertrauen der Bürger*innen in die Berliner Polizei erhalten und gestärkt und zugleich eine vertrauensvolle Ansprechpartner für die Bediensteten der Polizeibehörden geschaffen werden. Das bedeutet, dass sich auch Polizist*innen ohne Einhaltung des Dienstwegs an diese Stelle wenden können, um Fehlverhalten einzelner Beamtinnen und Beamten sowie strukturelle Fehler und Missstände aufzuzeigen. Wie dringend eine solche Institution benötigt wird, zeigt sich beim Skandal um die Gesundheitsgefahren bei Schießständen in Berlin.

Wir wollen auch bei der Polizei die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stärken. Wir setzen auf mehr Flexibilität bei
der Erstellung von Dienstplänen und wollen den Abschnitten und Direktionen mehr Freiraum lassen. Wir wollen die Ausbildung attraktiver machen und die Landespolizeischule und die Hochschule für Wirtschaft und Recht entsprechend stärken, damit sie die riesigen Herausforderungen bei den Neueinstellungen meistern kann.

Wir brauchen zudem mehr interkulturelle Vielfalt und Kompetenz bei der Polizei. Eine Berliner Polizei, die die Mischung der Stadtbevölkerung abbildet, wird von ihr auch als Autorität erkannt und erhält das entsprechende Vertrauen. Wir wollen, dass deshalb gezielt Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund gefördert werden und schneller auch in den Führungsämtern als Vorbilder dienen können. Fremdsprachen und interkulturelle Kompetenz wollen wir mit Fortbildungsprogrammen verstärkt vermitteln.

FEUERWEHR UND RETTUNGSDIENST STÄRKEN

Für die tägliche Sicherheit sorgen vor allem Feuerwehr und Rettungsdienst, die eine viel stärkere öffentliche und politische Aufmerksamkeit verdient hätten. Denn die Berlinerinnen und Berliner erwarten zu recht schnelle Hilfe im Notfall. Das gilt für den Brandschutz, aber vor allem im Rettungsdienst. Mittlerweile sind 80 Prozent der Einsätze der Feuerwehr Notfalleinsätze im Rettungsdienst. Wir wollen, dass alle Menschen in Berlin sicher sein können, im Notfall rasch Hilfe zu bekommen.

Die Feuerwehr und insbesondere der Rettungsdienst werden auf Verschleiß gefahren. Die Infrastruktur ist marode. Bei den Wachen besteht ein Investitionsstau von ca. 140 Millionen Euro, die Fahrzeuge sind hoffnungslos überaltert. Es müssten 13 Millionen pro Jahr investiert werden, um die Überalterung aufzuhalten – es werden aber nur sieben bis acht Millionen ausgegeben.

Generell leidet die Performance der Feuerwehr insbesondere im Rettungsdienst. Die Schutzziele werden deutlich verfehlt. Nur noch in 34 Prozent der Fälle wird die Hilfsfrist von acht Minuten eingehalten. Wir wollen die Feuerwehr in die Lage versetzen, die Hilfsfristen von acht Minuten beim Rettungsdienst einzuhalten. Aktuell braucht die Feuerwehr im Schnitt 9,5 Minuten. Jede Sekunde zählt aber! Dazu müssen wir mehr in Infrastruktur und Personal investieren. Wir haben dazu in den letzten Haushaltsberatungen Vorschläge gemacht.

Als Arbeitgeberin ist die Feuerwehr nicht attraktiv: Hohe Arbeitsbelastung bei niedriger Bezahlung. Eine Reform der Arbeitszeit scheiterte zuletzt; wir wollen einen neuen Anlauf starten. Zuletzt konnten mehrere Jahre lang die vorgesehenen Einstellungen bei Ausbildungsplätzen nicht erreicht werden.

Wir müssen die Ausbildung bei der Feuerwehr verbessern und mehr Menschen ausbilden. Dazu wollen wir die Ausbildungszeiten verkürzen und die freiwerdenden Mittel zur Erhöhung der Anwärterbezüge verwenden. Wir wollen insbesondere mehr Menschen mit Migrationshintergrund und Frauen für die Feuerwehr gewinnen. Wir brauchen eine gemeinsame Leitstelle von Krankentransportern, Feuerwehr und ärztlichem Bereitschaftsdienst. Außerdem wollen wir nach dem Vorbild Münchens ein eigenständiges Kindernotarztsystem aufbauen.

Der Senat streitet sich seit Jahren mit den Krankenkassen um die Gebührenhöhe vor Gerichten. Das lähmt die Feuerwehr und den Rettungsdienst. Dabei sollten die Kassen eigentlich Partner bei der Ausgestaltung des Rettungsdiensts sein. Wir streben eine Reform der Finanzierung an. Wir wollen den Kassen mehr Mitspracherechte und Transparenz gewähren, zugleich aber starke gesetzliche Vorgaben etwa bei der Hilfsfrist einführen. Wir orientieren uns dabei an dem Vorbild anderer Bundesländer wie Hamburg oder Brandenburg.

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